Dienstag, 3. Juni 2014

Wieder unterwegs

(Wort des Monats gibt es morgen.)
Hallo meine Lieben, 
in Samus letztem Post meinte er, die meisten seiner Artikel würden mit 'ich sitze gerade im Flugzeug nach...' anfangen. Jetzt merke ich gerade, dass es bei mir auch immer öfter so ähnlich losgeht. 
Also, ich sitze gerade in der S-Bahn nach Karlsruhe. Ich war in diesem Jahr wohl schon öfter in dieser Stadt als vorher in meinem kompletten Leben. Und ich fahre so oft Zug wie nie. Bei uns sieht es ziemlich schlecht aus, was öffentliche Verkehrsmittel betrifft, aber hier gibt es ein perfekt ausgebautes Netz, sogar mit mehreren Gleisen. 
Mein Opa warnt mich jedes Mal, auch unbedingt auf der richtigen Seite zu stehen, egal, ob ich erst zwei Tage vorher die gleiche Strecke fuhr. Und ich soll uuunbedingt meinen Ausweis mitnehmen, falls ich verloren gehe, hier kenne mich ja fast niemand. Ich sitze im richtigen Zug auf meinem neuen Stammplatz, ich habe meinen Ausweis dabei und ich trage ein Jeanshemd, obwohl mir viel zu warm ist, anders hätte mich meine Oma aber nicht aus dem Haus gelassen. Ich höre gerade Corazon von My First Band. Erst vorgestern musste ich am eigenen Leib erfahren, dass es eigentlich keine gute Idee ist, im Zug nicht hundert Prozent bei der Sache zu sein. Es kam eine Durchsage, dass die Haltestelle, an der ich aussteigen musste, gesperrt sei. Dachte ich. 
Ich hatte keine Ahnung, wo ich nun aussteigen sollte und belästigte erst mal meinen Karlsruhe Experten über Facebook. Nach zehn Minuten 'doch, du kannst da aussteigen' und 'nein, da ist gesperrt' kam die nächste Durchsage. Die S-Bahn fuhr eine Umleitung, weil irgendeine andere Haltestelle gesperrt war. Ab jetzt kommen die Ohrenstöpsel sofort raus, sobald ich nur einen Ton höre. 
Meinen Platz habe ich mittlerweile übrigens für etwas betuchtere Leute geräumt. Während ich hier stehe unterhalten sich zwei Türken über mich. Ich kann zwar kein türkisch, aber den Mix aus mir auf den Hintern beziehungsweise ins Gesicht starren, zwinkern und immer heftiger mit dem Kumpel diskutieren, verstehe ich ganz gut. Komischerweise passiert mir sowas immer im Zug. Das letzte Mal konnten sich die beiden Jungs rechtzeitig entscheiden, wer mich anspricht. Dieses Mal kam meine Haltestelle zum Glück zu früh. 
Ich habe schon 45 Minuten Fahrt hinter mir, jetzt muss ich aber umsteigen und dann kommen nochmal 15 Minuten. Wenn man die Rückfahrt dazu rechnet, bin ich länger unterwegs als an meinem Reiseziel. Irgendwie schon nervig und es scheint auch ein bisschen sinnlos, aber letztendlich weiß ich, dass es sich lohnt. 
Jetzt sitze ich in der neuen S-Bahn. Sie ist fast leer, trotzdem setzt sich jemand mir gegenüber. Meine These, dass es in Baden-Württemberg einfach Hübschere gibt als in Bayern, wird soeben wieder bestätigt. Er hat braune kurze Haare, die vorne zur Seite gegelt sind, außerdem hellblaue Augen und einen guten Kleidungsstil. Er hat die gleichen Schuhe, wie der, mit dem ich mich gleich treffe, aber zu seinen kurzen Hosen sollte er lieber auch kurze Socken tragen. Ich muss an meine beste Freundin denken, rein optisch wäre er hundert prozentig ihr Fall. Ich schicke ihr schnell eine kurze Beschreibung mit den wichtigsten Eckdaten, ich glaube er merkt, dass ich über ihn schreibe. Er steigt aus und ich fahre noch zehn Minuten. Ich war noch nie in dieser Gegend, aber die Umgebung sieht ganz gemütlich aus.
Weniger als zwei Stunden später bin ich schon wieder auf dem Rückweg. Es war wirklich schön, meine These hat sich erneut bewahrheitet und ich sitze mit gemischten Gefühlen in der Bahn. Einerseits bin ich überglücklich, andererseits habe ich Tränen in den Augen, weil ich schon wieder gehen muss.
Ich weiß aber, dass es nicht mehr allzu lange dauern kann, bis ich wieder hier bin. Das Leben ist kein Wunschkonzert.
_Marie_
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